„Anordnung der Heimerziehung“. – Dieser bürokratische Akt entscheidet in der DDR mit seiner lapidaren Formulierung über das weitere Leben von Minderjährigen. Für die meisten Betroffenen vergehen Jahrzehnte, bis Erinnerungen an die auf die Anordnung folgenden Jahre erzählt werden können. Der Herausgeber der Edition H Manfred May hat diesen Vorgang über viele Jahre und in vielen Fällen begleitet.
Die Edition H ist die Auswahl außergewöhnlicher Mitteilungen. Sie vertraut aus intimer Kenntnis heraus der Situation, in der die Texte, Bilder, Briefe entstanden. Der Ton dieser, in ihrer Qualität seltenen, Selbstzeugnisse ist der einer völlig unpathetischen Nüchternheit und einer ganz eigenen Kraft. Es sind Wegmarken eines emanzipatorischen Prozesses. Die Gestaltung der Bücher transportiert den Gedanken der zu vermittelnden Kostbarkeit ebenso wie die geradezu mechanische Welt des heiminternen Funktionierens. Wir verdanken sie Gabriele Iffland-Böhm, die mit Layout, Schrift- und Papierwahl eben diesen Wert der Mitteilungen verdeutlichen half.
Manfred May liest in der Lesebühne diskursiv aus den von ihm herausgegebenen Bänden der edition H. Heimerziehung in der DDR in Selbstzeugnissen. Der gelernte Mathematiker und Künstler erarbeitet gleichzeitig für das Fliesenschön eine ortsspezifische Installation, die im Vorfeld und nach der Veranstaltung zu sehen sein wird. Sie trägt den Namen EINSCHNÜRUNG und wird aus Arbeiten auf und mit handgeschöpftem Papier aus Nepal bestehen.
Wann? 02.11.2023 / 19:00 Uhr
Wo? Fliesenschön - Weinbergstraße 4 . 07548 . Gera
Projekt Fliesenschön